Bewusste Konsumenten erwarten durch Corona einen Bedeutungszuwachs für das Thema Nachhaltigkeit. Die Regionalität von Produkten und die Stärkung lokaler Anbieter stehen dabei im Fokus.
Wie verändert die Corona-Krise das Konsumverhalten nachhaltigkeitsbewusster Konsumenten? Wird das Thema Nachhaltigkeit im Schatten der Pandemie an Relevanz verlieren, weil andere Themen die öffentliche Agenda bestimmen? Oder kann die Krise gar zu einem Katalysator für mehr Nachhaltigkeit werden? Um zu erfahren, wie bewusste Konsumenten zu diesen Fragen stehen, haben wir die Utopia-Nutzer in Rahmen einer Ad-Hoc-Umfrage (vom 23. bis 28 April 2020) um ein Stimmungsbild gebeten. Mehr als 2.500 Teilnehmer haben daran teilgenommen. Die große Mehrheit von ihnen zeigt sich optimistisch – sowohl mit Blick auf den individuellen Konsum als auch mit Blick auf die gesellschaftliche Relevanz von Nachhaltigkeit.
46,5 Prozent der Befragten nehmen sich vor, nach der Krise beim Einkaufen noch konsequenter auf Nachhaltigkeit zu achten. Für sie ist Corona ein Verstärker ihrer Nachhaltigkeitsorientierung beim Konsum. 36 Prozent geben an, ihren Lebensstil nicht verändern zu wollen – unter ihnen auch die Konsumenten, deren Einkaufsverhalten schon jetzt konsequent auf Nachhaltigkeit ausgerichtet ist. Lediglich 12,7 Prozent fürchten, wegen der Corona-Krise künftig mehr aufs Geld schauen zu müssen und sich deshalb weniger nachhaltige Produkte leisten zu können.
Regionalität von Produkten und Anbietern gewinnt weiter an Bedeutung
Bereits heute hat die Pandemie Auswirkungen auf das Konsumverhalten und den Lebensstil der Menschen. Die stärksten Alltags-Veränderungen sind auch bei bewussten Konsumenten die privat wie beruflich eingeschränkte Reiseaktivität, die veränderte Arbeitssituation (Homeoffice) und das häufigere Selber-Kochen. Nach diesen Aspekten rückt aber bereits Regionalität in den Fokus: 79,1 Prozent der Befragten stimmen der Aussage zu, bewusst lokale Anbieter (Händler, Dienstleister) in diesen Krisenzeiten zu unterstützen, 35,5 Prozent bekennen sich sogar „voll und ganz“ dazu. 57,7 Prozent der Teilnehmer an der Umfrage kaufen noch mehr regionale Produkte ein als vor der Corona-Krise, 36,9 Prozent sehen bei sich keine Veränderung. Aus früheren Utopia-Studien wissen wir bereits, welch große Bedeutung Regionalität generell für die bewussten Konsumenten hat.
Eine Auswertung der Nutzungsdaten auf Utopia.de sowie der Suchanfragen bei Google der letzten 12 Monate bestätigt die in der Umfrage artikulierte Relevanz von Nachhaltigkeit: Alle wichtigen Themenbereiche des nachhaltigen Konsums – von der Ernährung, über Kosmetik und Mode bis hin zu Ökostrom und Finanzen – erfreuen sich unverändert großer oder steigender Aufmerksamkeit. Die Themen Do-it-Yourself (DIY), Kochen, Regionalität, Bio und Diversität erleben einen wahren Aufmerksamkeits-Boom.
Die Häufigkeit des Onlineshoppings verändert sich bei bewussten Konsumenten hingegen nicht gravierend: Zwar geben 38,9 Prozent der Befragten an, jetzt häufiger im Internet einzukaufen als vor den Corona-Einschränkungen, aber 59,3 Prozent bestreiten, dass sich ihr E-Commerce in Corona-Zeiten geändert hat. Wenig verändert hat sich das Kaufverhalten bei verpackten Produkten – trotz erhöhter Aufmerksamkeit für Hygiene: 75,4 Prozent kaufen zurzeit nicht mehr verpackte Produkte ein als sie vor der Pandemie gekauft haben. Auch die Preissensibilität hat sich wegen Corona nicht verändert. Drei von vier bewussten Konsumenten sagen, dass sie jetzt nicht mehr auf den Preis von Produkten achten als vorher.
Was bleibt nach Corona?
Welche veränderten Konsum- und Alltagsverhalten werden bewusste Konsumenten in die Zeit „nach Corona“ übernehmen? Die Unterstützung lokaler Anbieter und der Kauf regionaler Produkte liegen dabei klar vorne. 85,3 Prozent wollen auch nach der Krise verstärkt bei lokalen Händlern und Anbietern kaufen, 76,4 Prozent erwarten, dass sie mehr auf regionale Produkte achten. Immerhin 68,9 Prozent geben an, in Zukunft mehr auf Bio-Qualität achten zu wollen. Auch die Qualität von Produkten steht für die Zeit nach Corona hoch im Kurs: 69,2 Prozent nehmen an, dass sie zukünftig mehr darauf achten werden beim Einkaufen.
Der eingeschränkte Konsum zu Krisenzeiten könnte auch langfristig dazu führen, dass insgesamt weniger konsumiert wird. 65,2 Prozent der Teilnehmer an der Umfrage gehen davon aus, dass sie auch nach der Pandemie weniger kaufen werden als vorher. Der Wert ist damit etwa so hoch wie der Anteil derjenigen, die angeben, bereits aktuell weniger zu kaufen als vorher.
Für Unternehmen ist Corona Verpflichtung und Chance zugleich. Denn verantwortungsvolles Handeln während der Krise wird von den Konsumenten langfristig honoriert: Während aktuell bereits 45,3 Prozent der Befragten nach eigenen Angaben darauf achten, ob Unternehmen in diesen herausfordernden Zeiten Verantwortung zeigen, steigt der Wert auf 71,7 Prozent, die nach der Corona-Krise Marken und Hersteller unterstützen wollen, die jetzt verantwortungsvoll handeln.
Auch auf gesamtgesellschaftlicher Ebene könnte das Thema Nachhaltigkeit durch Corona nach Meinung vieler bewusster Konsumenten einen Bedeutungszuwachs erfahren. 39,4 Prozent erwarten, dass Nachhaltigkeit nach der Krise gesellschaftlich wichtiger wird als vorher. Etwa ebenso viele (39,9 Prozent) erwarten langfristig keine Veränderung für Nachhaltigkeit im Ranking der öffentlichen Agenda. Nur 16,6 Prozent sind pessimistischer und gehen davon aus, dass die Herausforderungen der Pandemie dazu führen werden, dass Nachhaltigkeit für die meisten Menschen weniger wichtig sein wird als vor der Corona-Krise.
In der Corona-Krise stecken auch Appell und Mahnung an Politik und Gesellschaft. „Die Politik soll den Klimawandel genauso ernst nehmen wie die Corona-Pandemie!“. Diese Aussage unterstützen über 90 Prozent der Befragten, 77,7 Prozent stimmen dieser Aussage sogar „voll und ganz“ zu. Zudem zeige die Krise, dass die Politik schnell und entschlossen handeln kann, wenn sie will (85,8 Prozent stimmen dieser Aussage zu). Für 90 Prozent der Befragten enthält die Corona-Krise auch die Mahnung, dass wir achtsamer mit der Natur und dem Planeten umgehen sollten. Ebenso viele teilen die Auffassung, dass die aktuellen Erfahrungen genutzt werden sollten, um innezuhalten und nachzudenken – damit diese Krise auch eine Chance sein kann.
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